Exerzitien für Ordensschwestern
22.10. - 28.10.2023 St. Otto, Zinnowitz
Du hast wohl einen Vogel …
Liebe Ordensschwestern,
… diese Redewendung verwendet man häufig, wenn mein Gegenüber so ganz anders ist in seinem Denken, seiner Haltung, seiner Art zu leben … und ich diese Andersartigkeit befremdlich finde, vor allem nicht akzeptieren möchte. Ähnliche Redewendungen sind: du spinnst oder du bist verrückt.
Diese Andersartigkeit kann man oft im Leben der Heiligen entdecken. Sie zogen sich in die Einsamkeit zurück und führten mit Fasten und Gebet ein entsagungsreiches Leben. Sie verschenkten ihren kompletten Besitz an die Armen und lebten fortan selbst von Almosen. Sie ließen sich für ihre Glaubensüberzeugungen verlachen, foltern und sogar töten. In den Augen vieler erscheinen sie verrückt. „Die hatten doch einen Vogel.“
Aber man muss gar nicht so weit gehen. Auch heute gibt es Menschen, die nicht dem Trend der Mode entsprechen und anders leben: Ordensleute, Priester, Missionare, Eremiten, aber auch manche, die bewusst nach dem Evangelium leben. Ich vermute, dass Sie auch schon Menschen begegnet sind, die den Kopf schütteln und sagen: „Die ist ein bisschen verrückt“ oder „Die hat doch einen Vogel“.
Einen Vogel hatten zahlreiche Heilige aber auch in ganz wörtlichem Sinn. Denn durch viele Heiligenlegenden fliegen, laufen und schwimmen diese gefiederten Tiere. Dies verwundert nicht, als bereits in der Bibel an über 270 Stellen Vögel erwähnt werden.
Hier an der Ostsee, wo man am Strand Möwen und viele andere Vögel beobachten kann, möchte ich in diesen Exerzitientagen mit Ihnen einige Propheten und Heilige anschauen, die im wahrsten Sinne des Wortes „einen Vogel hatten“. Ich möchte mit Ihnen über ihre Andersartigkeit nachdenken. Wer weiß – vielleicht möchte ich am Ende womöglich auch noch so einen Vogel haben …
Sicher eine ungewohnte Art, Exerzitien zu machen. Aber das passt zum Leben der Heiligen; die waren eben ungewohnt und andersartig.
Prälat Stefan Dybowski
11.08.2023